Zu diesem Thema gab Susanne Thoma am 13.7.2004 im Neuen Deutschland der Journalistin Ulrike Henning Auskunft.
ND: Sie haben eine Studie zum Thema Technik-Aneignung von Frauen veröffentlicht. Wie lernen Frauen im Bereich PC und Internet?
Thoma: Frauen sind stärker praktisch orientiert und hinterfragen den Nutzen. Im Gegensatz dazu haben Männer das Spielerische in sich und probieren gern mal etwas aus. Sie erleben die Faszination der Technik.
ND: Sind Männer kreativer oder offener für Innovationen?
Thoma: Es ist zu beobachten, dass sich Frauen viele Wege nicht zutrauen. Indem sie sehr zielgerichtet und zweckorientiert vorgehen, können sie Nebengleise nicht für sich entdecken. Aber ob Männer kreativer sind, ist wissenschaftlich nicht belegt. Deshalb bleibt es schwierig, eine größere Innovationsfreudigkeit der Männer zu behaupten. Eine neue Untersuchung besagt, dass die Abweichungen zwischen Männern und Frauen geringer sind. Im Grunde begegnen die Geschlechter dem PC sehr ähnlich. Im Anwendungsbereich sind Frauen gut vertreten – im Büro und überall da, wo Computer benutzt werden.
In der Entwicklung und Programmierung sind sie jedoch kaum präsent. Dies hat offensichtlich mit Hierarchien, mit Machtstrukturen zu tun. Technik symbolisiert eine männlich geprägte Kultur und Arbeitswelt. Dort muss sich etwas verändern, damit Frauen das Bedürfnis verspüren, in diesem Bereich tätig werden zu wollen. Deshalb sind auch weiterhin frauenspezifische Lernangebote wichtig.
ND: Wie sollte eine entsprechende Fortbildung aussehen?
Thoma: Für gemischt-geschlechtliche Seminare sollte immer wieder gefragt werden, ob Fraueninteressen und Frauenthemen mitgedacht sind. Wir sprechen von geschlechtergerechten Lernprozessen und -umgebungen. Eine ganz banale Erkenntnis betrifft familienfreundliche Unterrichtszeiten. Oder: Frauen haben nicht so ein individuelles Leistungsstreben, für sie ist der Erfolg in der Gruppe wichtig.
Bei Männern ist es eher dieses Einzelkämpfertum, abgeleitet davon Konkurrenzverhalten. Lehrkräfte können entsprechend Einfluss auf die Gruppendynamik nehmen. Wer auch immer vorne steht, sollte sich bewusst sein, dass wir ständig unsere Geschlechterrollen reproduzieren. Ein Beispiel. Wenn Männer laut reden, gilt das selten als Störung. Frauen denken hingegen, wenn sie laut reden, wird das negativ bewertet, ganz nach dem Motto: »Frauen dürfen nicht laut reden«. Das Lehrpersonal muss sich bewusst sein, dass Frauen dazu neigen, sich zurückzuhalten und so schnell ins Hintertreffen geraten.
ND: Was heißt es, wenn sie fordern, Frauenthemen stärker zu berücksichtigen?
Thoma: Fachliche Beispiele sollten nicht nur aus der Männerwelt gesucht werden. Frauen interessiert zum Beispiel stärker das Sicherheitsthema: Wer sieht im Internet meine Daten, wer bekommt meine Daten? Es gibt das Bedürfnis, wirklich fundiert Bescheid zu wissen – ein Ausdruck für Verantwortungsbewusstsein und Gründlichkeit.