Im September fand in Berlin die von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und dem Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW) veranstaltete Gender Studies-Tagung zum Thema "Arbeit 4.0 – Blind Spot Gender" statt.
Die Tagung stellte die Geschlechterperspektive bei der Diskussion um die Digitalisierung der Arbeitswelt in den Mittelpunkt. Sie können die Vorträge und Diskussionen als PDF-Präsentationen beziehungsweise Vorträge von der DIW-Website herunterladen. Wir möchten Ihnen die aus unserer Sicht interessantesten Ergebnisse hier zusammenfassen.
In ihrer Einführung machte Elke Holst (DIW) darauf aufmerksam, dass Diskussionen um die Auswirkungen der Digitalisierung auf dem Arbeitsmarkt zwar allgegenwärtig sind, Gender-Aspekte jedoch noch weitestgehend ausgeklammert werden. Sie betonte die hohe Bedeutung der Geschlechterperspektive bei Digitalisierungsfragen.
Markus Grabka (DIW Berlin) zeigte genderspezifische Verteilungseffekte auf, die durch die Digitalisierung bedingt werden. Er stellte Berufe vor, die besonders durch die Digitalisierung gefährdet sind und künftig durch Maschinen ersetzt werden könnten. Einige der gefährdeten Berufe würden bis zu achtzig Prozent von Frauen, ungefährdete Berufe hingegen überdurchschnittlich häufig von Männern ausgeübt.
Christina Schildmann (Hans-Böckler-Stiftung) wies daraufhin, dass die Digitalisierung diskursiv umkämpft ist und über ihre Auswirkungen keineswegs Einigkeit besteht. Sie sieht sie ein großes Veränderungspotential auch in Bezug auf die Geschlechterverhältnisse im Arbeitsmarkt. Allerdings sei die Digitalisierung nicht der einzige Treiber von Wandlungsprozessen, auch weitere spielen eine große Rolle.
Kira Marrs (Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. München) hob die im Zuge der Neuorganisation der Arbeit auch entstehenden neuen Integrationschancen für Frauen hervor. Durch die Digitalisierung veränderten sich die klassischen Ingenieursbereiche und eröffneten neue Zugänge insbesondere im Bereich der Forschung und Entwicklung, die vor allem von Frauen genutzt werden könnten.
Uta Meier-Gräwe (Justus-Liebig-Universität Gießen) machte darauf aufmerksam, was passiert, wenn typische Frauenbranchen auf Plattformen wie beispielsweise ‚Helping‘ (einem Such- und Angebots-Portal für Reinigungstätigkeiten) auswandern. Dabei entstehende Beschäftigungsformen wie beispielsweise Solo-Selbstständigkeit, bieten die den Dienstleistungsanbietern weitgehend keine Arbeitszeit- oder Arbeitsschutzregelungen. Ähnlich Eva Kocher, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) - sie ging konkret auf die rechtlichen Regelungen für solche „Scheinselbstständigkeiten“ ein. Die Frage der jeweiligen Vertragsbeziehung zwischen den Beteiligten bleibt weitgehend offen.
Laut Monika Queisser, OECD, seien 12 Prozent der in Deutschland Beschäftigten von einem hohen Automatisierungsrisiko betroffen. Das Risiko für Geringqualifizierte und Geringverdienende sei höher. Erste vorläufige Berechnungen zeigen für Frauen in Deutschland im Vergleich zu Männern ein höheres Risiko des Job-Verlusts und einen höheren Anpassungsbedarf durch berufliche Qualifizierung und Weiterbildung im Zuge der Automatisierung auf. Dies gilt für andere Länder nicht zwangsläufig.
Alle Vorträge finden Sie im Rückblick auf die 3. Gender Studies Tagung von DIW und FES.